Chronischen Rückenmarksentzündung - Frau mit Krücken (206)

Die Klientin (ca. 60 Jahre) leidet seit über 20 Jahren an einer chronischen Rückenmarksentzündung. Sie kann nur mithilfe von Krücken und unter großer Anstrengung gehen. Gleich zu Beginn der Sitzung taucht ein Mustersatz der Klientin auf, der lautet „Ich muß es schaffen“. Der erste wichtige Schritt in der Sitzung zielt nun darauf ab, den Ursprung dieses Mustersatzes aufzudecken. Die Klientin sieht sich in der Schule wieder und bemerkt, daß sie bereits in der ersten Klasse dem Druck dieses Mustersatzes unterworfen war, weil sie Angst hatte, wenn sie etwas nicht schafft, müßte sie nachsitzen und dann alleine nachhause gehen. Gerade das aber wollte sie auf keinen Fall, da es einmal dazu gekommen war und sie dabei mit einer Wasserleiche konfrontiert wurde, die am Ufer eines Sees lag. Das Bild dieser Leiche hat die Klientin über lange Strecken ihrer Kindheit verfolgt und stellt somit eine massive Prägung dar. Durch die Auseinandersetzung verändert sich die Leiche, was sich sofort in einer Zukunftsprojektion auf der Symbolebene ausdrückt: Die Klientin sieht sich im nächsten Sommer ohne Krücken laufen.
In den darauffolgenden Sitzungen wird sehr deutlich, daß die Erstarrung der Klientin, die durch den Anblick der Wasserleiche ausgelöst wurde (Schock) sich nach Ausbruch ihrer Krankheit immer mehr verfestigt hat. Die Klientin hat es versäumt, aus ihrer Be-ziehung wegzugehen, was sie im Grunde schon vor 20 Jahren vorhatte, weil sie einen anderen Mann liebt. Sie hat es aber nie in die Tat umgesetzt aus Dankbarkeit ihrem Mann gegenüber, der sie immer rührend versorgt hat. Da sich also der gesamte Lebenskon-text immer mehr dahingehend ausgeprägt hat, daß die Klientin nicht gehen - nicht weggehen konnte, wird es zum jetzigen Zeitpunkt sehr schwer für sie sein, den versäumten Entwicklungsschritt doch noch zu tun und sich in Bewegung zu setzen.
Das Ergebnis und der nächste Sommer bleiben abzuwarten...

Zu Beginn dieser Einzelsitzung sieht sie sich, wie sie durch eine schöne Landschaft läuft. Der Therapeut fordert sie auf, zu dem Zeitpunkt zu gehen, wo sie diese Fähigkeit verloren hat und plötzlich findet sie sich in einem Bett liegend wieder. Ihre Beine sagen, sie sei zu viel gelaufen und so gehe es jetzt nicht mehr weiter.
Kl: Der Kopf ist immer unruhig. Da sind ständig diese Gedanken - „Ich muß es schaffen!“ - Der Therapeut schickt die Klientin zu dem Zeitpunkt, wo diese Ge-danken entstanden sind und sie landet in ihrer Kindheit. - Ich bin in der Schule in der ersten Klasse. Ich bin so unruhig, daß Mutti mich nicht von der Schule abholt. Ich hab Angst, daß ich vielleicht etwas nicht schaffe, daß ich dann nachsitzen muß und Mutti mich dann nicht findet. - Die Klientin erinnert sich plötzlich - Ich komme das erste Mal aus der Schule, alleine durch den Wald. Ich hatte früher schulfrei und bin nachhause gegangen - das erste Mal alleine. Und da komme ich an den Fährsteg und da liegt eine Wasserleiche. Die ist schon ein bisschen aufgedunsen. Die wurde nicht zugedeckt. Ich kriege einen wahnsinnigen Schreck.
Th: Und dieser Schreck ist dir so etwas wie in die Glieder gefahren und hat dich versteift oder erstarren lassen? - Klientin bejaht - Ok., jetzt gehst du zu der Was-serleiche und sagst es ihr. Und sag ihr auch, daß dir der Schreck in die Glieder gefahren ist und daß du jetzt heute nicht mehr richtig laufen kannst.
Kl: Ich hab mich so erschrocken über dich.
Ja, und weil du hier liegst und mich so erschrocken hast, ist mir der Schreck so in die Glieder gefahren. Deshalb kann ich heute nicht mehr laufen. Ja, sagt sie, der Fährmann hätte mich mit einer Stroh-matte abdecken müssen. - Der Therapeut fordert die Klientin auf, mit dem Fährmann direkt zu sprechen - Das ist furchtbar, Fährmann, daß du die Wasserleiche nicht zugedeckt hast. Ich habe mich so er-schrocken. Ja, sagt er, wir haben nicht gedacht, daß du schon nachhause kommst. ... Ich bin dann nicht mehr alleine zuhause geblieben, in der Wohnung. Wenn ich die Augen zugemacht habe, dann hat die Wasserleiche bei uns am Tisch gesessen. - Die Klientin sagt es der Leiche direkt und darauf meint diese - Ich weiß, ich habe deine Gedanken immer beschäftigt,auch abends, wenn du schlafen gehen solltest, dann bin ich dir erschienen. - Die Klientin erwidert - Ja, ich weiß, für mich war das schrecklich. Ich wollte nicht mehr alleine ins Bett gehen. Ich wollte überhaupt nicht mehr schlafen. - Der Therapeut holt die Mutter der Klientin mit dazu und bittet die Klienten, ihr all das zu erzählen - Das hab ich dir nie erzählt, Mutti, weil ich Angst hatte vor meiner Angst. Ich hab mich immer so doll gefürchtet, abends ins Bett zu gehen, weil ich dann immer die Wasserleiche vor mir gesehen habe. Ich wollte gar nicht mehr alleine schlafen. Ich hab immer Angst gehabt, ich sterbe auch. Jetzt sagt sie, du brauchst doch keine Angst zu haben, ich bin doch bei dir. Wir sind doch alle da und umsorgen dich doch. - Auf Vorschlag des Thera-peuten erzählt die Klientin weiter - Ja, weißt du, der Schreck, der mir damals so in die Glieder gefahren ist, der hat vielleicht dazu beigetragen, daß ich heute nicht mehr laufen kann. Was meinst du? Ja, sagt sie, das kann sein, daß du da-durch sehr ängstlich wurdest. - Daraufhin sagt die Mutter dem Schrecken, daß er wieder aus den Gliedern rausfahren soll und er tut es. Die Klientin sieht sich daraufhin als kleines Mädchen mit kräftigen, gesunden Beinen. Sie spricht zu ihren Beinen - Ihr fühlt euch gut an. Ja, sagen sie, wir kribbeln jetzt.
Th: Sehr schön. So, und jetzt fragst du dieses kleine Mädchen nochmal, was sie braucht, damit dieser Schreck nicht wieder in ihre Glieder zurückfährt. Wenn das eine Farbe wäre, welche Farbe wäre das dann? - Die Klientin läßt sich orange-rote Farbe über das Scheitelchakra einfließen
Kl: Ja, die Beine sind ganz voll von dieser orange-roten Farbe. - Jetzt läßt sie die gleiche Farbe durch sich selbst hindurch zu dem kleinen Mädchen fließen - Die Farbe geht gut in das Mädchen rein. Sie füllt die Beine des Mädchens auf. - Das Mädchen kommt nun erneut aus der Schule nachhause, aber jetzt interessiert sie sich gar nicht mehr für die Wasserleiche. Sie fordert dennoch den Fährmann auf, die Leiche abzudecken, damit andere Kinder sich nicht erschrecken. Die Klientin geht an-schließend mit ihrem Bewußtsein nochmal in die Zeit nach dem Ereignis - Ich bin jetzt richtig lebhaft und geh auch ins Bett. Ja, Leiche, du brauchst doch gar nicht mehr in meinem Leben zu erscheinen. Wenn du tot bist, dann brauchst du doch damit nicht das kleine Mädchen beängstigen.
Th: Sie soll sich noch bei dem kleinen Mädchen entschuldigen, daß sie dem kleinen Mädchen so viel Angst gemacht hat. - Die Leiche lacht und tut es - Also, du kannst aus meinem Leben und meiner Erinnerung verschwinden. Ja, sagt sie, sie will das jetzt.
Th: So, dann frag mal deine Beine, wie es ihnen jetzt geht damit.
Kl: Meinen Beinen geht es gut. Die sind noch ganz rot angefüllt. Seid ihr jetzt bereit zu laufen oder fehlt euch noch was? Ja, sagen sie, ihnen fehlen die Muskeln. Aber die Muskeln, sagen sie, die werden noch wachsen. - Der Thera-peut fordert die Klientin auf, mit den Muskeln direkt zu sprechen - Muskeln, die Beine wollen mich wieder tragen, aber ihr müßt wachsen - seid ihr bereit zu wachsen? Ja, sagen die Muskeln, wir wollen wachsen, wenn die Nerven auch wieder wachsen. - Sie holt schließlich noch die Nerven hinzu und die Klientin nimmt sogar wahr, daß sie schon angefangen haben zu wachsen. Der Thera-peut regt die Klientin schließlich zu einer kleinen Zeitreise nach vorne an.
Kl: Ja, die Beine sehen schon kräftiger aus. Es ist der nächste Sommer. Ich bin im Badeanzug und stehe vorne auf dem Boot. Das fühlt sich toll an. Ich strecke die Knie so richtig durch und recke und strecke mich.

- Die Klientin freut sich, daß ihre Beine sie im nächsten Somme wieder tragen wollen - Ja, sagen meine Beine, das wollen wir.